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Anohni - 4 Degrees

Vor kurzem war Anohni zu Konzerte in Berlin und Köln in Deutschland, um das neue Album "Hopelessness" zu promoten. Es ist ein sehr politisches Werk. Wir haben die schon vor einigen Monaten erschienene erste Single-Auskopplung "4 Degrees" als Polit-Pop des Monats Juli ausgewählt.

Kurz zu ANOHNI. Bis ins letzte Jahr trat die 1971 geborene NYer Transgender-Künstlerin mit der Band "Anthony and the Johnsons" auf. In Deutschland ist sie bisher weitgehend unbekannt, auch wenn sie unter dem Namen Anthony Hegarty 2008 zusammen mit Herbert Grönemeyer den Song "Will I Ever Learn?" für dessen Best-of-Album "Was muss muss" einsang. Jetzt gibt es im Feuilleton einen kleinen Hype - zu Recht.

"4 Degrees", also 4 Grad, ist noch vor der Pariser Klimakonferenz Ende letzten Jahres veröffentlich worden. Es ist eine dramatische Anklage gegen den menschengemachten Klimawandel. ANOHNI erscheint in die Rolle des Bösen, wenn sie singt: "I wanna hear the dogs crying for water / I wanna see the fish go belly-up in the sea." ("Ich möchte hören, wie Hunde nach Wasser winseln / Ich möchte sehen, wie Fische mit dem Bauch nach oben auf dem Meer treiben.") Hier der Link zum ganzen Text.

Aber ist es wirklich ein wahnsinnig gewordener Ölbaron, der da die Apocalypse beschwört? Überrascht müssen wir beim Mitsummen oder -Singen registrieren, dass wir selbst es sind, ...

d.h. wir Menschen in den früh-industrialisierten Metropolen, deren Alltagshandeln die Erderwärung problemlos um die vier Grad erhöhen wird, wo mit Sicherheit dann der Kipping-Point erreicht ist. Insoweit wird es vielleicht auch verständlich, dass es in dem Song schon nicht mehr um "die Menschheit" geht, sondern um Fauna und Flora auf diesem Planeten. Der Song lässt sich problemlos als "naiv" und a-politisch kritisieren, aber: Sollte der beabsichtigte Effekt der Erkenntnis eigener Verantwortlichkeit einkehren, wäre das im Gegenteil "hoch-politisch". Die Vorstellung, dass zu diesem Song auf den Dancefloors in NY, Paris und Moskau getanzt wird, ist so schon einigermaßen bizarr.

Das ganze Album ist hörenswert - lesenswert ein Artikel von Jürgen Ziemer in der ZEIT: "Raus aus der Innerlichkeit".

Leider gibt es keine technisch sauberen Live-Aufnahmen. Wer ein bisschen was von der Atmosphäre mitbekommen will, kann aber mal in diesen "Mitschnitt" vom vergangenen Juni in Barcelona reinschauen.

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Und hier die Liste mit Links zu unseren bisherigen Polit-Pop-Songs

36 - TSS - Mein Name ist Mensch

35 - BAMS! - Deutschland sagt Sorry

34 - Freundeskreis - Leg dein Ohr auf die Schiene der Geschichte

33 - Tracy Chapman - Revolution

32 - Die Goldenen Zitronen - Wenn ich ein Turnschuh wär

31 - M.I.A. - Borders

30 - Bernadette La Hengst & Nick Nuttall - Save the World

29 - Irie Révoltés - Jetzt ist Schluss

28 - Alessuper & Ruboi - Propaganda

27 - The Special Aka - Racist Friend

26 - K.I.Z. - Hurra, die Welt geht unter

25 - Everlast - What It's Like

24 - Alarmsignal - Kaputte Stadt

23 - Playing for Change - Get Up, Stand Up

22 - PeterLicht - Das Ende des Kapitalismus

21 - Eurythmics & Aretha Franklin - Sisters Are Doing It For Themselves

20 - Style Council - Walls Come Tumblin' Down

19 - Gregory Porter - 1960 What?

18 - Kai Degenhardt - Die Tötung

17 - Various Artists - Africa Stopp Ebola

16 - Neil Young - Rockin' In The Free World

15 - Edwin Starr - War

14 - Pille Palle - Boykott

13 - C, S, N & Y - Ohio

12 - The Sex Pistols - God Save The Queen

11 - Schmetterlinge - Boom Boom Boomerang

10 - Aretha Franklin - Respect

09 - John Wheeler - Deeper in Dept

08 - Pete Seeger - Turn Turn Turn

07 - Jimi Hendrix - Machine Gun

06 - Fritz Grasshoff - Neudeutsches Marschlied für Antimarschierer

05 - Billy Bragg - Which side are you on?

04 - Rage Against The Machine - Sleep Now In The Fire

03 - Curtis Mayfield - People Get Ready

02 - Rasta Knast - Die Katze beißt in Draht

01 - Pearl Jam - Masters Of War