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Fracking ist nicht die Lösung, sondern bleibt ein Problem

Der Celler Stadtrat hat in seiner heutigen Sitzung den Bundestag aufgefordert, noch vor der parlamentarischen Sommerpause die auf Eis liegenden gesetzlichen Regelungen zum Fracking zu verabschieden (hier die Resolution). Ausgangspunkt war ein Antrag der Fraktion Die Unabhängigen mit Resolutionstext. Gegen die Stimmen von Die Linke/BSG und Bündnis '90/Die Grünen wurde die Resolution verabschiedet. Für Die Linke/BSG begründete deren Fraktionsvorsitzender die Ablehnung so:

Leider ist diese Resolution schon im Wahlkampfmodus gestrickt. Ich kann es ja verstehen, dass man Lobbyismus für die Bohrindustrie in dieser Stadt betreibt. Und die Beschäftigten sind nun mal ein großes Wählerpotential. Aber leider wird die Resolution den Problemen nicht gerecht. Es ist im schlechten Sinne Kirchtumpolitik. Und wie Sie alle wissen, gibt es im Land weit mehr Kirchtürme, die eine berechtigte Angst davor haben, dass vor ihrer Haustür künftig gefrackt wird.

Ich will versuchen, sachlich zu begründen, warum wir gegen die Resolution stimmen.

Punkt 1:

Der Vorschlag der „Unabhängigen“ war in einer Hinsicht eindeutig: Nämlich, dass Fracking in unkonventionellen Lagerstätten, also Schiefergas, gefordert wird.

Die jetzt vorliegende Resolution unterscheidet nicht zwischen konventionellem und unkonventionellem Fracking. Damit weicht sie der zentralen strittigen Frage aus. Hinsichtlich der Gefahren geht das gar nicht.

Und dabei geht es dann auch um die Qualität des BGR-Gutachtens. Die Kritik der Umweltverbände erspare ich Ihnen. Ich zitiere nur eine Stellungnahme der rot-grünen Landesregierung auf eine Anfrage von FDP-Abgeordneten:

„Nach Einschätzung der Landesregierung fehlen nach wie vor grundlegende und vor allem belegbare Informationen zur technischen Beherrschbarkeit der Fracking-Technologie in unkonventionellen Vorkommen und den damit verbundenen Umweltrisiken [...] Solange diese Risiken und Auswirkungen nicht zweifelsfrei kalkuliert werden können, ist ein Einstieg in die Förderung von unkonventionellem Erdgas mittels Fracking nicht akzeptabel.“

Und weiter heißt es - Zitat:

„Konkrete Informationen, die einen sicheren und praxisrelevanten Umgang mit der Fracking-Technologie in unkonventionellen Lagerstätten belegen könnten, sind nicht Gegenstand dieser Untersuchungen.“ [Zitat Ende] Und damit ist auch das BGR-Gutachten gemeint.

Fazit: Die ökologische Risiken bezüglich Trinkwassergefährdung und Erdbebengefahr sind eben genau nicht vom Tisch.

Punkt 2:

Die Krise der heimischen Erdöl-Industrie liegt nicht an der „verzögerten“ Genehmigung der großflächigen Anwendung der Fracking-Technologie in Deutschland, ... sondern schlicht und einfach daran, dass die Märkte mit billigem Erdöl und Erdgas überversorgt sind. Ein zusätzliches Angebot aus deutschem Fracking ergibt vor diesem Hintergrund volkswirtschaftlich überhaupt keinen Sinn.

Fazit: Es ist auf absehbare Zeit nicht zu erwarten, dass in Deutschland in Fracking aus unkonventionellen Lagerstätten überhaupt investiert wird.

Punkt 3:

Vom Fracking gehen nicht nur Gefahren für das Trinkwasser aus, sondern auch für das Klima, denn dabei entweicht noch mehr Methan in die Atmosphäre als bei der herkömmlichen Erdgasförderung. Es gibt Schätzungen, wonach bis zu fünf Prozent der Fördertürme in den USA Leckagen aufweisen. Und Methan ist dummerweise ein viel stärkeres Treibhausgas als CO2.

Der Umweltingenieur und Klimagasexperte Anthony Ingraffea von der amerikanischen Cornell University warnt deshalb – Zitat:

„Gas aus Schiefergestein sei deshalb keine Brücke in eine Zukunft der erneuerbaren Energien, sondern der Laufsteg in eine weitere Erwärmung.“

Fazit: Fracking ist keine Lösung für das Klima-Problem – im Gegenteil.

Punkt 4:

Wer den Erhalt und die Förderung der Bohrtechnologie in Europa und damit auch in Celle will, muss auf einen ganz anderen Schwerpunkt setzen: Es kann nur gehen um die Entwicklung von sicheren, nachhaltigen und wirtschaftlichen Geothermie- und Speichertechnologien. Hier sind Investitionsprogramme des Bundes und der Länder nötig, um Technologiestandorte wie Celle mit deren hochqualifizierten Arbeitsplätzen zu erhalten.

Fazit: Wirtschaftlich ist nur, was auch für nachfolgende Generationen Bestand hat.