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Herausragende Fachziele als Filter für Rotstiftpolitik

Mit der großen Mehrheit der Ratsfraktionen, die die Haushaltspolitik den Expert*innen  der "Kommunalen Gemeinschaftsstelle für Verwaltungsmanagement" (KGSt) überlassen, wurden in der Ratssitzung am Freitag, den 20.12.2013, "herausragende Fachziele" beschlossen (BV/0486/13). Die sogenannten "Oberziele", auf die sich der Rat 2010 verständigt hatte, sollen jetzt erst einmal in den Hintergrund treten. Die neuen herausragenden Fachziele - Bildung, Wirtschaft, Infrastruktur - sollen jetzt den "Filter" bilden, durch den der Haushaltskonsolidierungsprozess zu laufen hat. Bei dieser Prioriätensetzung fällt wird vieles - gewissermaßen wie Schadstoffe - durch den Filter zurückgehalten. Die Rotstiftpolitik des kommenden Jahres soll eine klare Linie bekommen. Eine Kritik an dieser Linie formulierte der Vorsitzende der Fraktion Die Linke/BSG, Oliver Müller, in seiner Rede - hier im Wortlaut:

Die Ausrichtung auf drei sogenannten "herausragende Fachziele" soll einen "Filter für Sparvorschläge im Konsolidierungsprozess" bilden. Was soll künftig durch diesen Filter noch durch? Bildung, Wirtschaft und Infrastruktur.

Interessanter ist ja aber fast, was der Filter abwehren soll - denn das ist ja seine Funktion.

Zu den alten "Oberzielen" gehört z.B.

"Celle als soziale und sichere Stadt weiterentwickeln." Und: "Celle nachhaltig als attraktive, lebenswerte und umweltgerechte Stadt ausgestalten."

Diese beiden Ziele stehen für das Wissen um die Notwendigkeit eines sozialen und ökologischen Umbaus der Gesellschaft. Die Parteiprogramme sind ja auch voll davon. Und dass gerade die Kommunen dabei eine enorme Rolle zu spielen hätten, ...

wissen wir auch. Durch den "Filter" wird das in Celle jetzt wieder zu "Gedöns", wie Altkanzler Schröder mal das titulierte, was er für unwichtig hielt.

Für uns aber gehören Nachhaltigkeit und die soziale Ausgestaltung der Gesellschaft ins Zentrum und nicht an den Rand.

Vor diesem Hintergrund sind die neu formulierten drei "herausragenden Fachziele" eigentlich im Kern geprägt von einem eher rückwärtsgewandten "Weiter so".

Am deutlichsten wird dies beim herausragenden Fachziel "Wirtschaft", wo als beispielhafte Aspekte genannt werden: Bereitstellung von Infrastruktur für Firmen-Neuansiedlungen und Ausweisung von Bauland. Dabei gingen die Gutachten, die wir zu diesen Fragen gehört haben, eindeutig in eine andere Richtung. Kurz zusammengefasst: Behutsame Entwicklung von Gewerbeflächen, und - keine Neubaugebiete, sondern vorrangig Verdichtung. Die Neuausrichtung beißt sich hier am deutlichsten mit dem alten Ziel der Nachhaltigkeit.

Und haben wir in dem Zusammenhang nicht auch gehört, wie wichtig die sogenannten "weichen Standortfaktoren" sind: also neben Bildung, noch das Kultur, Vereinsleben, Naherholung usw. Das - so wurde uns gesagt - sei wichtig für die Ansiedlung neuer Firmen und Sonst schaffen die es nämlich nicht gut ausgebildete Fachkräfte nach Celle zu locken. Was davon kommt jetzt noch durch den "Filter"?

Selbstverständlich teilen wir das herausragende Fachziel "Sicherung und Schaffung von eigenen kommunalen Strukturen für lebenslanges Lernen". Und niemand würde leugnen, dass die Stadt da in den vergangenen Jahren einiges Positives auf den Weg gebracht hat. Aber wie wollen Sie erklären, dass Sie jetzt gleichzeitig den Ansatz für Beschaffungen bei der Stadtbibliothek um die Hälfte zusammenkürzen? Das lässt sich nicht erklären, sondern zeigt aus unserer Sicht vor allem eins: nämlich Ignoranz.

Warum soll sich die Stadt auf drei herausragende Fachziele konzentrieren? Dies soll, so wird gesagt, die Haushaltskonsolidierung erleichtern. Fragen wir uns mal, warum das so besser gelingen soll? Die Antwort fällt in einer Hinsicht leicht: Alle "freiwilligen Leistungen" in den Bereichen Soziales und Nachhaltigkeit, übrigens auch im Sport, können so weggekürzt werden.

Wir sind dagegen der Auffassung, dass Haushaltskonsolidierung auf anderen Feldern weit erfolgreicher gestaltet werden könnte. Wir können uns die anstehenden Großprojekte - Beispiel Nordwall, Beispiel Allerinsel - einfach nicht leisten. Das ist die Wahrheit.

Erfreulicherweise war zwischenzeitlich in einer Verwaltungsvorlage auch einmal deutlich zu lesen: [Zitat] "Investitionen wirken sich unmittelbar auf den Ergebnishaushalt aus, u.a. bei den Zinsen, den Abschreibungen und der Auflösung von Sonderposten." [Zitat Ende]

Deshalb ein letzter Gedanke: Die Schuldenproblematik lässt sich aus unserer Sicht nur über den Verzicht auf Investitionen lösen. Vor Einführung der doppischen Haushaltsführung, auch das muss mal gesagt werden, hätten wir kein Minus im Ergebnishaushalt, sondern ein Plus. Jetzt wird allerdings darüber widergespiegelt, dass wir von der Substanz leben. Nicht mehr und nicht weniger. Da wir uns der Nachhaltigkeit aber auch in finanzieller Hinsicht verpflichtet fühlen, sind weitere Verbesserungen auf der Einnahmeseite, aber auch Kürzungen auf der Ausgabenseite sinnvoll. Den Weg allerdings, den die KGSt-"Groko" wählt, halten wir für eine Sackgasse.

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Hier der Bericht der Celleschen Zeitung vom 23.12.2013: