Rat beschließt einstimmig Solidaritätserklärung

Vor einer Woche hat sich Behiye Uca (Die Linke) mit der Bitte an die anderen Ratsfraktionen gewandt, gemeinsam eine Erklärung zur Situation in der Türkei zu verabschieden. Heute brachte sie die Erklärung über einen sogenannten Dringlichkeitsantrag in die Ratssitzung ein. Die Erklärung wurde einstimmig verabschiedet. Hier zunächst die Begründung und anschließend die Erklärung im Wortlaut:

Begründung des Dringlichkeitsantrags durch Behiye Uca:

"Ich möchte vor Eintritt in die Tagesordnung einen sogenannten Dringlichkeitsantrag einbringen. Es geht um eine

Solidaritätserklärung für Demokratie, Menschenrechte und Meinungsfreiheit in der Türkei.

Der Text der Erklärung, der Ihnen vorliegt, ist einstimmig im Verwaltungsausschuss empfohlen worden.

Als Dringlichkeitsantrag muss er eingebracht werden, weil die Frist für einen ordentlichen Antrag verstrichen war. Diese Erklärung ist aber auch in ganz anderer Weise dringlich. Und deshalb möchte ich um Ihre Unterstützung werben.

Ich hatte ursprünglich eine Erklärung vorgeschlagen, die die hamburgische Bürgerschaft verabschiedet hatte. Dankenswerterweise hat die FDP-Fraktion, vor allem der Kollege Range, die Erklärung präzisiert und auf unsere Verhältnisse zugeschnitten. Denn, wie Sie wissen, hat die größte in Celle lebende Minderheit kurdische Wurzeln. Und die Erklärung ist um den Aspekt der Unabhängigkeit der Justiz erweitert worden.

Es ist wichtig, dass wir jetzt mit dieser Erklärung ein Zeichen setzen für die Rückkehr zur Demokratie.

Erlauben Sie mir noch den Hinweis auf einen persönlichen Aspekt: Wie die meisten von Ihnen wissen, ist meine Schwester Feleknas Abgeordnete der HDP. Das heißt: Sie steht aktuell mit einem Bein im Gefängnis. Deshalb danke ich Ihnen auch ganz persönlich für die Unterstützung der Erklärung."

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"Der Rat der Stadt Celle, in der die größte Minderheit kurdische und türkische Wurzeln hat, verfolgt mit großer Sorge auch um deren Familienangehörige und Freunde die politischen Entwicklungen und Ereignisse in der Türkei.

Nach dem gescheiterten Putschversuch von Teilen des türkischen Militärs hat die türkische Regierung unter dem Deckmantel des Ausnahmezustands zehntausende Wissenschaftler, Politiker, Abgeordnete, Beamte, Richter und Staatsanwälte, Medienschaffende sowie viele Andersdenkende ohne rechtsstaatliches Verfahren ver- folgt, drangsaliert, aus dem Dienst entlassen und ihnen die Freiheit genommen. Die türkische Regierung plant, die Todesstrafe wiedereinzuführen.

Mit der Verhaftung von frei gewählten Abgeordneten der oppositionellen HPD greift die türkische Regierung in das freie Mandat der Volksvertretungen ein. Mit der massenhaften Entlassung und Verhaftung von Richtern und Staatsanwälten zerstört die türkische Regierung die Unabhängigkeit der dritten Gewalt, eine der tragendenSäulen jedes demokratischen Rechtsstaats.

Mit der Schließung von Redaktionen und der Verhaftung von Medienschaffenden wird die Presse-, Informations- und Meinungsfreiheit auf das Schwerste verletzt.

Der Rat der Stadt Celle erklärt sich solidarisch mit allen demokratischen Kräften in der Türkei und allen denjenigen Menschen, die sich für die Verteidigung der Demokratie in der Türkei einsetzen.

Im Interesse der in Celle lebenden Menschen mit türkischen und kurdischen Wurzeln und deren in der Türkei lebenden Familien und Freunden ruft der Rat der Stadt Celle die türkische Regierung dazu auf, zu Demokratie und Rechtsstaat zurückzukehren, den Ausnahmezustand aufzuheben, die politischen Gegner freizulassen, die unveräußerlichen Menschenrechte zu beachten und die Meinungsfreiheit zu respektieren.

Der Rat der Stadt Celle appelliert an den Bundestag, die deutsche Regierung, das Europäische Parlament und die Europäische Kommission, im Sinne dieser Solidaritätserklärung auf die türkische Regierung einzuwirken."

Hier der Bericht in der Celleschen Zeitung