Kommentar von Jörg Lehr (Die Linke Celle) zur

geplanten Schließung der JVA Salinenmoor

Auf der Titelseite der Celleschen Zeitung vom 11./12. Januar 2014 wird berichtet: Das Land möchte die Justizvollzugsanstalt  Salinenmoor nahe Celle auf Grund von Überkapazitäten in Niedersachsen  schließen. 120 Arbeitsplätze sind in der Region in Gefahr. Dazu Thomas Adasch (CDU): "In Salinenmoor fließen die Tränen".

Das Problem der Gefährdung sicherer Arbeitsplätze wird medienwirksam dargestellt und die Schuldigen stehen fest. Nur wie ist es in den letzten Legislaturperioden zu der Schaffung von Überkapazitäten gekommen? Und gibt es wirklich einen politischen Willen die Situation im Strafvollzug für die Beschäftigten und Inhaftierten Bürgerinnen und Bürger zu verbessern? Oder ging und geht es, wie auch in anderen Bereichen, eher darum auch den Justizvollzug zum Profitcenter umzufunktionieren ?

In Bezug auf die weitere  Privatisierung öffentlicher Unternehmen, Public Private Partnership,  gibt es hinter den Kulissen doch eher Übereinstimmung als Unterschiede zwischen den verantwortlichen Parteien. Die Gelsenwasser AG lässt grüßen.

Auch, Uwe Oelkers, Vorsitzender des Verbandes Niedersächsischer Strafvollzugsbediensteter, ist der Meinung, ...

Privatisierung habe im Strafvollzug keinen Platz, weil damit "massiv in die Grundrechte Einzelner eingegriffen" werde. Als problematisch wertet er auch die kurze Ausbildungszeit der privaten Mitarbeiter von drei Monaten gegenüber zwei Jahren bei Vollzugsbediensteten.

 

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"Über die veränderten Bedingungen für die Gefangenen wird in den Debatten um die Teilprivatisierungen kaum ein Wort verl oren. Aus den betroffenen Gefängnissen gibt es Berichte über zusätzliche Kosten für Gefangene für Strom und Medikamente. Die Hamburger Firma Telio verdient bundesweit viel Geld mit speziell für Gefängnisse konzipierten Telefonapparaten, auf die die Gefangenen angewiesen sind, weil ihnen nichts anderes gestattet ist. Auch die bayerische Logistikfirma Massak, die in über 50 Gefängnissen den Gefangeneneinkauf betreibt, verdient mit hohen Preisen an deren Abhängigkeit und ist deswegen bereits mehrfach kritisiert worden. Auf dem Internetportal knast.net wird über die teilprivatisierte JVA Offenburg in Baden-Württemberg berichtet, es gebe dort kaum Freizeitangebote, Fernsehanschluss und Einkauf seien zu teuer, der Arbeitslohn sei miserabel und der Hof zu klein. In der ebenfalls teilprivatisierten JVA Burg kam es seit 2009 sogar zu mehreren Hungerstreiks und Protestaktionen durch Inhaftierte und Sicherungsverwahrte.

Die durch die Neubauten steigende Zahl der Haftplätze birgt eine weitere Gefahr, denn Gefängnisse sollen nicht leerstehen. Langfristig könnte es zu einer Rückwirkung auch auf die Rechtsprechung der Gerichte kommen. Wenn mit Gefängnissen Geld verdient werden soll, muss es auch Gefangene geben. Dem öffentlichen Willen zum Strafen würde das nur entgegenkommen. Diejenigen jedenfalls, die die 9,75 Quadratmeter kleinen "Hafträume" der JVA Bremervörde in unsäglichen Kommentarspalten unter Berichten im Internet mit Hotelzimmern vergleichen, werden dort vermutlich nicht einziehen, sie aber sicherlich auch nicht leer sehen wollen." (Quelle: http://jungle-world.com/artikel/2013/04/47002.html)

Celles Mitwettbewerber:

"Die inzwischen vierte teilprivatisierte JVA  im Bundesgebiet wurde in der niedersächsischen Kleinstadt Bremervörde eröffnet. Sie wird im Rahmen einer Public Private Partnership betrieben. Schon die Planung und der Bau der JVA erfolgten durch einen privaten Partner, die BAM Deutschland AG aus Stuttgart, die als Auftragnehmer fungierte und ihrerseits weitere Firmen beauftragte. Mit dem "infrastrukturellen Objektmanagement" dagegen ist die Hectas Gebäudedienste Stiftung?&?Co. KG betraut. Das Unternehmen mit Hauptsitz in Wuppertal kümmert sich um die Gebäudereinigung, Hausmeister- und Winterdienste, die Pflege der Außenanlagen, die Ausstattung und "Beschäftigung" der Gefangenen, sowie um Verwaltungsdienste. Die Verpflegung der Gefangenen übernimmt die Berliner Firma Dussmann Service GmbH Deutschland, die ihr Geld unter anderem damit verdient, Essenspakete in Abschiebeknäste zu liefern. Die staatlichen Vollzugsbeamten sind nur noch für hoheitliche Aufgaben, also die unmittelbare Bewachung der Insassen, zuständig.

Der ehemalige niedersächsische Justizminister Bernd Busemann (CDU), der als besonders rigide in Sachen Sicherungsverwahrung, Sicherheits- und Flüchtlingspolitik gilt, begrüßte die Partnerschaft beim Festakt zur Eröffnung vor rund 400 Gästen: "Sichtbares Zeichen der praktizierten Professionalität auf beiden Seiten ist für mich, dass der Kostenrahmen und der Zeitplan eingehalten wurden." Die Gesamtkosten für das Land belaufen sich auf 286 Millionen Euro. Dafür bietet der Gebäudekomplex in seinen Gefängniszellen, die hier "Hafträume" genannt werden, Platz für 300  ;Gefangene. Bei der CDU erhofft man sich ein "Job- und Wirtschaftswunder" für diese Region." (Quelle: http://jungle-world.com/artikel/2013/04/47002.html)

Jörg Lehr, KV Celle Die Linke