Pressemitteilung#20121005

Landkreis verweigert die Auskunft

Behiye Uca fragt: „Kein Interesse an effektiver Umsetzung des Teilhabe- und Bildungspaketes?“

In der Sozialausschusssitzung am 18. September unterrichtete die Verwaltung der Stadt Celle die Fraktion Die Linke/BSG darüber, dass sich der Landkreis Celle weigert, der Stadt die von der Fraktion angeforderten Daten zum Bindungs- und Teilhabepaket mitzuteilen (siehe BuT-Anfrage). Bekanntlich hat der Landkreis nur etwa ein Drittel der Bundesmittel direkt an die Leistungsberechtigten weitergegeben. Die einigermaßen merkwürdige Begründung lautete: Weil die Thematik in die alleinige Zuständigkeit des Landkreises falle, seien unsere Fragen „nicht vom Auskunftsrecht der Abgeordneten aus § 56 S. 2 NKomVG umfasst und also unzulässig.“ Dieses Recht beziehe sich nur auf die Angelegenheiten der Kommune (im eigenen und im übertragenen Wirkungskreis) selbst, nicht jedoch auch auf Angelegenheiten anderer Gebietskörperschaften.

Dies ist selbstverständlich absurd. Schließlich hatte die Fraktion die Fragen nicht an die Landkreisverwaltung gerichtet, sondern an die Stadt. Dass die Stadt sich so ohne weiteres gefallen lässt, dass der Landkreis ihr gegenüber keine Daten mitteilt, ist ebenso merkwürdig. Es scheint sich niemand dafür zu interessieren, warum das bundesweit mit großem öffentlichen Aufwand in Szene gesetzte Bildungs- und Teilhabepaket nicht bei denen ankommt, die darüber gefördert werden sollten. Behiye Uca hat die Anfrage jetzt direkt im Kreistag eingebracht. Ihr Kommentar: „Es ist nicht hinzunehmen, dass eine gemeinsame Suche nach einer effektiveren Umsetzung des Bildungs- und Teilhabepaketes verhindert wird, denn daran sollte doch eigentlich allen gelegen sein.“

Hier das Schreiben des Landkreises an die Stadt

Einen Hintergrundartikel gibt es in der revista Nr. 60.

 

Hier der Text der Kreistagsanfrage:

Erfahrungen und Erkenntnisse bei der Umsetzung des Bildungs- und Teilhabepaketes

Im Jahr 2011 wurden die rechtlichen Grundlagen für die Gewährung von Leistungen für Bildung und Teilhabe für Kinder und Jugendliche aus Familien, die Arbeitslosengeld II, Sozialgeld, Sozialhilfe, Kinderzuschlag, Wohngeld oder Sozialhilfe-Analogleistungen nach § 2 des Asylbewerberleistungsgesetzes beziehen, gesetzlich verankert. Diese Leistungen umfassen Aufwendungen für Schulausflüge, mehrtägige Klassenfahrten, Ausstattung mit persönlichem Schulbedarf, Schülerbeförderung, Lernförderung, Teilnahme an einer gemeinschaftlichen Mittagsverpflegung und Bedarfe zur Teilhabe am sozialen und kulturellen Leben in der Gemeinschaft.

Da im Landkreis Celle nur etwa ein Drittel der zugewiesenen Bundesmittel zielgerichtet an Leistungsberechtigte ausgezahlt wurde, erscheint es mir sinnvoll, einen genaueren Blick auf die Erfahrungen und Erkenntnisse bei der Umsetzung des Bildungs- und Teilhabepakete zu werfen.

Ich bitte die Kreisverwaltung um die Beantwortung folgender Fragen:

1. Wie hoch war zum 31. Dezember 2011 und 30. Juni 2012 der Grad (absolut und prozentual) der Inanspruchnahme von Leistungen des Bildungs- und Teilhabepakets durch leistungsberechtigte  Personen (bitte differenzieren nach den verschiedenen Leistungsarten, den sozio-demographischen Merkmalen der Leistungsberechtigten, den einzelnen Rechtskreisen SGB II, SGB XII, Bundeskindergeldgesetz, Wohngeldgesetz und Asylbewerberleistungsgesetz sowie nach Bundesländern)? Weiter bitte ich um eine Differenzierung nach Städte und Samtgemeinden.

2. Wie hoch war zum 31. Dezember 2011 und 30. Juni 2012 der Anteil (absolut und prozentual) der abgelehnten Anträge auf Leistungen des Bildungs- und Teilhabepaketes (bitte differenzieren nach den verschiedenen Leistungsarten, den sozio-demographischen Merkmalen der Antragstellerinnen und Antragsteller, den einzelnen Rechtskreisen SGB II, SGB XII, Bundeskindergeldgesetz, Wohngeldgesetz und Asylbewerberleistungsgesetz sowie nach Bundesländern)? Weiter bitte ich um eine Differenzierung nach Städte und Samtgemeinden.

3. Wie liegt der Landkreis Celle mit den Daten zu 1.) und 2.) im Vergleich zum Durchschnitt des Landes Niedersachsen?

4. In welcher Höhe stand dem Landkreis Celle im Jahr 2011 sowie im Jahr 2012 Haushaltsmittel für das Bildungs- und Teilhabepaket zur Verfügung, und welcher Betrag (absolut und prozentual) wurde zur Finanzierung von Bildungs- und Teilhabeleistungen verausgabt (bitte nach Rechtskreisen und den verschiedenen Komponenten des Bildungs- und Teilhabepaketes differenzieren)?

5. In welchem Umfang (absolut und prozentual) wurden im Landkreis Celle Haushaltsmittel für Bildungs- und Teilhabeleistungen bis Ende Dezember 2011 nicht abgerufen (bitte nach den einzelnen Komponenten des Bildungs- und Teilhabepaketes sowie Rechtskreisen differenzieren)?

6. Worauf führt der Landkreis Celle es zurück, dass die zur Verfügung stehenden Haushaltsmittel nicht genutzt wurden?

7. Wofür werden die eingesparten Haushaltsmittel, die auf die geringer als angenommene ausgefallene Inanspruchnahme von Leistungen aus dem Bildungs- und Teilhabepaket zurückgehen, verwendet? Sind die Städte und Gemeinden in den Beratungsprozess eingebunden worden?

8. Wie beurteilt die Kreisverwaltung die bisherigen Erfahrungen mit dem Bildungs- und Teilhabepaket? Welche Möglichkeiten sieht die Verwaltung, die Inanspruchnahme von Leistungen des Bildungs- und Teilhabepakets durch leistungsberechtigte Personen zu verbessern?