Mit deutlicher Mehrheit wurde im Sozialausschuss des Kreistags der Antrag von Behiye Uca abgelehnt, dass das "Jobcenter im Landkreis Celle" die bisher ergangenen Kostensenkungsaufforderungen zurücknehmen und keine weiteren aussprechen soll. Uca wollte damit einen Bestandsschutz erreichen. Denn seit der Landkreis zum Jahresbeginn einen neuen Mietwertspiegel eingeführt hat, sind die Mietobergrenzen in vielen Fällen deutlich niedriger angesetzt.
 
Die Kreisverwaltung beantwortete nicht die Frage nach den Kriterien, die den Kostensenkungsaufforderungen zugrunde liegen. Aber es dürfte sich um hunderte Bedarfsgemeinschaften handeln, die jetzt aufgefordert werden, ihre Miete zu senken. Was bedeutet das? Viele werden den Anteil der Kosten, der nicht mehr erstattet wird, selbst tragen. Viele werden versuchen, eine günstigere Wohnung zu bekommen. Viele werden dies aber nicht schaffen, was gerade für Alleinerziehende einen ungemeinen zusätzlichen Stress bedeutet. Abwenden ließe sich die Kostensenkung mit dem Nachweis der vergeblichen Bemühungen um günstigeren Wohnraum - aber wer schafft diesen bürokratischen Aufwand?
 
Der Antrag der FDP, wonach die neue Mietwerttabelle ausgesetzt werden sollte, fand noch weniger Unterstützung - u.a. weil die Kreisverwaltung in durchaus fragwürdiger Weise behauptete, ein derartiges Vorgehen sei rechtswidrig.
 
Für die SPD bestritt deren Fraktionschef Matthias Pauls, die "Schlüssigkeit" des Gutachtens. Es gibt ein Bundessozialgerichtsurteil, das die Einbeziehung von 10 % des Wohungsbestandes in den Datensatz der Mietwertgutachten vorschreibt. Was die Gutachterfirma jetzt vorgelegt hat, beinhaltet - unterm Strich - aber nur etwa 7,5 % des Wohnungsbestandes. Pauls beantragt deshalb die Erstellung eines Gegengutachten (oder Zweitgutachtens). Dieser Antrag scheiterte knapp mit 5:6 Stimmen.
 
Die Kreisverwaltung äußerte sich mit keiner Silbe zur Kritik, das Gutachten sei im Sinne des Bundessozialgerichts nicht schlüssig. Ebenso wollte man sich nicht zur Zahl der Betroffenen äußern.
 
Fast gar keine Rolle spielten in der ganzen Debatte die Betroffenen. Nochmal in aller Deutlichkeit an einem Beispiel: Wer im Dezember 2018 eine Wohnung angemietet und vom Jobcenter die Übernahme der Miete zugesichert bekam, kann jetzt im Februar eine Aufforderung zur Kostensenkung bekommen. Und das, weil die Miete vielleicht 15 oder 20 Euro über der neuen Obergrenze liegt.