In seiner Sitzung am 18. Februar 2021 hat der rat endlich wieder einen kleinen Schritt in Sachen Klimaschutzkonzept für die Jahre bis 2030 gemacht. in der Debatte wurde trotzdem  deutlich, dass kaum jemand den Ernst der Lage begreifen will. Leider gehört an erster Stelle auch Oberbürgermeister Dr. Jörg Nigge dazu, dem es anscheinend nicht in den Kopf will, dass es bei der Jahrhundertaufgabe des Kampfes gegen die Erderwärmung nicht darum geht, Raucher*innen davon zu überzeugen, dass sie ihre Kippen bitte nicht sorglos im Straßenraum "entsorgen" (was er attsächlich als ernst gemeintes Argument für die Anstrenungen der Stadt ins Feld führte).
 
Dass die Stadt die letzten Jahre verschlafen hat, weiß jede*r, die/der sich mit Klimaschutzfragen befasst - und dass nicht besonders ambitioniert ist, was die Verwaltung jetzt vorlegte (siehe Beschlussvorlage), ist ebenso kaum zu übersehen. Eine ausführliche Stellungnahme dazu hatte schon die initiatiove climate-watch-celle vorgelegt.
 
In seiner Rede hat Oliver Müller, Vorsitzender der Fraktion Die Linke/BSG, einige Keitikpunkte dargelegt:
 
Erstmal ein Dank an die CDU, denn nur durch ihren Änderungsantrag sind wir überhaupt zu einer Beschlussvorlage gekommen. Bis dahin hatten wir kaum mehr als eine lückenhafte Ist-Stand-Beschreibung mit einigen vagen Ab­sichtserklärungen.
 
Und dass wir quantitativ bei unseren Einsparzielen einen Maßstab im Hinblick auf das Ausgangsjahr 1990 brauchen, darauf hat uns ein Bürger in der Novembersitzung des Umweltausschusses aufmerksam gemacht. Schön, dass die CDU diesen Gedanken aufgenommen hat.
 
Wahrscheinlich ist es richtig, ein Büro mit einem Klimaschutzkonzept zu beauftragen. Das zeigt aber doch gleichzeitig: Wir sind mit Bordmitteln dazu nicht in der Lage. Und das ist ernüchternd.
 
Ich habe leider den Eindruck, dass die Verwaltungsspitze dem für unsere Zukunft entscheidenden Thema der Klimakatastrophe nicht das erforderliche Gewicht einräumt. Beispiel? - Nur ein kurzer Rückblick auf die Umweltausschusssitzung der letzten Woche. Was haben die Besucher*innen und die Ausschussmitglieder erlebt? Ausführliche Vorträge zum Zustand unser Straßen und zur Ausweisung von Naturschutzgebieten, aber kein einziges Wort der Erläuterung zu der Beschlussvorlage, über die wir heute entscheiden. Im November wurde sie übrigens aus Zeitgründen abgesetzt.
 
Kurz zu den Maßnahmen:
 
In der Auflistung gibt es einige kleine Leuchttürme. Die kommen aber im wesentlichen, das sei auch gesagt, nicht aus dem Rathaus, sondern durch unsere Gesellschaften bzw. Eigenbetrieben, also Stadtentwässerung, Abfallzweckverband, Stadtwerke.
 
Warum aber ist die „Solaroffensive“ bei den Stadtwerken zum Stillstand gekommen? Welche anderen Möglichkeiten gäbe es, beim Ausbau der Erneuerbaren deutlich mehr Tempo reinzubekommen? Können wir nicht durchgängig beim Eigenheimbau auf von uns erworbenen Grundstücken Null-Energiehäuser erwarten? Wie können wir die Bürger*innen intensiver bei der Wärmewende unterstützen? Wie bringen wir mehr Leute zum Umstieg auf ÖPNV und Fahrrad?
 
Das alles sind Felder für Initiativen aus dem Rathaus. Wir müssen die erforderliche Wende auf allen ihren Feldern „puschen“ – oder auf deutsch gesagt: endlich in die Puschen kommen.
 
Ein anderer Eindruck: Die Initiative Climate-Watch-Celle hat die Vorlage, über die wir jetzt sprechen, begutachtet. Aus meiner Sicht gibt’s da eine Kompetenz, die uns in Rat und Verwaltung in vielen Teilen fehlt. Mein Eindruck deshalb: Wir müssen besser werden. Dazu braucht es auf allen Seiten erst einmal mehr Ernsthaftigkeit für das Thema. Der nächste Rat sollte einen eigenen Klimaschutzausschuss schaffen und sich dazu mal Bürger*innen dazu holen, die nicht nur Kompetenz vorweisen können, sondern gegenüber uns und der Verwaltung auch mal die Klappe aufmachen.
 
Es reicht einfach nicht aus, überall das Etikett „Offensive“ anzukleben und zu hoffen, man kommt damit durch.
 
Wer Klimaschutz mit der angemessenen Ernsthaftigkeit angeht, sieht, dass die personelle Aufstellung im Rathaus nicht annähernd ausreicht.
 
Wir haben, um diesem Beschluss hier mehr konkrete Ernsthaftigkeit zu geben,den Antrag gestellt, dass eine Stabsstelle Klima eingerichtet werden solle,um Kompetenzen aus allen möglichen Fachbereichen in unsere Klimaziele einzubringen. Der OB verweigerte hierzu die politische Diskussion: Personalplanung sei sein Hoheitsgebiet, und schließlich reiche ein Mitarbeiter, um dieses Thema zu bearbeiten. Das verdeutlicht doch, wo im Konzern Celle unseres OB die Prioritäten liegen: Wir beschäftigen sechs Mitarbeitende im Kommunalen Ordnungsdienst, die sorgen also dafür, dass unsere Stadt schön sauber & sicher sein möge – und wir leisten uns eine Person, die das Thema saubere Klimapolitik bearbeitet. Und diese Stelle wird nicht aus dem städt. Kernhaushalt bezahlt, sondern aus dem Klimaschutzfond, der eigentlich emissionsreduzierende Maßnahmen für die Bevölkerung cofinanzieren sollte.
 
Erst werden wir also warten auf das Gutachten, dann sollen wir wahrscheinlich auf eine neue Stadtbaurätin warten – und dann auf den Haushalt des Jahres 2023. Und ich wage die Prognose das dieses Gutachten uns eine Bündelung der Kompetenzen, etwa in eine Stabsstelle empfehlen wird.
 
Niemand behauptet, dass wir von Celle aus die Klimaerhitzung aufhalten könnten. Aber: In der Gesamtsumme der CO2-Emissionen der letzten 150 Jahre liegt Deutschland auf Platz 4. Daraus erwächst eine Verantwortung. Und die ist zu tragen vom Bund, von den Ländern und auch von den Kommunen.
 
Ich denke, wir alle sind eine gute Adresse für Greta Thunbergs Spruch: „I want you to panic.“