PM#20130219

Linke/BSG will Gegenstrategien:
„Stromsperren sind sozial inakzeptabel“

Mit den jährlichen Stromabrechnungen und eventuellen Nachzahlungen kommen einkommensschwache Haushalte oft an die Grenze ihrer finanziellen Belastbarkeit. Wenn dann nicht rechtzeitig nach gangbaren Auswegen gesucht wird, folgt häufig die Stromsperre. Bundesweit gab es im Jahr 2011 sechs Millionen Sperrandrohungen und 312.000 Stromsperren, Tendenz steigend. Die Ratsfraktion Die Linke/BSG sieht hier jetzt auch die Kommunalpolitik in der Verantwortung. Ihr Vorsitzender Oliver Müller (BSG) meint: „Energiesperren zu verhängen ist aus unserer Sicht sozial inakzeptabel. Wir müssen versuchen, Gegenstrategien zu finden und gemeinsam mit dem lokalen Grundversorger, also der SVO, und anderen Akteuren tragfähige Lösungen zu finden.“

Als ersten Schritt hat die Ratsfraktion die Verwaltung gebeten, möglichst differenziert den Umfang dazustellen, in dem in der Stadt Stromsperren angedroht und umgesetzt wurden. Müllers Fraktionskollegin Behiye Uca (Die Linke): „Wir befürchten erschütternde Zahlen. Aber wir hoffen, dass Verwaltung, Politik und Öffentlichkeit sich dann zielgerichtet mit diesem Problem auseinandersetzen.“

Teil der Anfrage sei zudem, in Erfahrung zu bringen, ...

... welche Maßnahmen die SVO als örtlicher Grundversorger aktuell schon ergreift, um Zahlungsrückstände und Stromsperren zu vermeiden. Auch die Erfahrungen der städtischen Wohnungsbaugesellschaft (WBG) sollen in die Diskussion einfließen. Behiye Uca: „Oberbürgermeister Dirk-Ulrich Mende hat im vergangenen November die Gründung einer Stiftung vorgeschlagen, um so gemeinsam mit SVO und Landkreis Härtefälle abzumildern. Wir denken, dass es parallel zu einer solchen Stiftung Anlaufstellen für akute Problemlagen geben sollte und auch die präventiven Strategien ausgebaut werden sollten.“

Vorbeugende Maßnahmen liegen nach Auffassung der Fraktion zum Beispiel darin, eine breit angelegte Kampagne zum Energiesparen zu initiieren. Uca verweist auf Untersuchungen, wonach Haushalte gut 30 Prozent ihrer Energie sowohl im Strom- als auch im Wärmebereich einsparen könnten, ohne den Lebensstandard einschränken zu müssen: „Selbstverständlich fällt das einkommensstärkeren Haushalten leichter. Stromspartipps müssen aber ja nicht darauf hinauslaufen, energieeffiziente Neugeräte anzuschaffen.“

Nach Auffassung der Ratsfraktion Die Linke/BSG sollten insbesondere die SVO und das Jobcenter ihre präventiven Angebote weiterentwickeln. Oliver Müller nennt ein Beispiel: „Vielleicht wäre es sinnvoll, vierteljährliche spitze Abrechnungen des tatsächlichen Verbrauchs anzubieten, um die Schockstarre beim Erhalt einer sehr hohen Nachzahlung bei der Jahresrechnung zu vermeiden.“ Er habe den Eindruck, dass es einige Möglichkeiten gibt, die in Celle zur Zeit noch nicht genutzt werden: „Wenn die Zahlen vorliegen, fänden wir es sinnvoll, wenn die beteiligten Akteure sich auf eine klare Zielvorgabe verständigen würden, z.B. die Zahl der Energiesperren binnen 18 Monaten auf die Hälfte zu reduzieren.“

Hier die

Anfrage zum Thema Stromsperren

Die steigenden Strompreise machen es für viele Bürgerinnen und Bürger zunehmend schwierig, ihre Stromrechnungen zu zahlen. Die Folge: 6 Millionen Sperrandrohungen und 312.000 Stromsperren gab es in der Bundesrepublik im Jahr 2011. Um die Dimension des Problems für die Stadt Celle zu erfassen, fragen wir die Verwaltung:

1.) Wie viele Haushalte waren in der Stadt Celle im Jahr 2011 und 2012 von Stromsperren betroffen?

2.) Wie viele Sperrandrohungen wurden 2011 und 2012 ausgesprochen?

3.) Wie viele Haushalte gibt es, die in 2011 und 2012 von mehreren Sperren betroffen waren?

4.) Welche Erkenntnisse gibt es über die Betroffenen von Stromsperren? (Wie viele Familien mit Kindern, Rentnerinnen und Rentner, Hartz-IV-Empfängerinnen und -Empfänger …)

5.) Welche Kosten entstehen den Kundinnen und Kunden für die Stromsperre?

6.) Welche Maßnahmen ergreift die SVO als örtlicher Grundversorger, um Zahlungsrückstände und Stromsperren zu vermeiden?

7.) Welche Erfahrungen hat die WBG mit Stromsperren bzw. Möglichkeiten, dies zu verhindern?

Begründung:

Um zu vermeiden, dass Menschen der Strom abgestellt wird, hat Oberbürgermeister Dirk-Ulrich Mende im November die Gründung einer Stiftung vorgeschlagen, um so gemeinsam mit SVO und Landkreis Härtefälle abzumildern. Vor diesem Hintergrund erscheint es zum einen sinnvoll, einen Überblick über die Dimension von Stromsperren im lokalen Raum zu bekommen, zum anderen zu erfahren, welche alternativen bzw. begleitenden Möglichkeiten sich z.B. durch präventive Sozialarbeit ergeben könnten.