Bargeld statt Gutscheine
Offener Brief an Landrat Wiswe
Mit einem Offenen Brief haben sich Vorsitzenden der Ratsfraktionen von SPD, Bündnisgrünen, Links/BSG und WG sowie die Vorsitzenden bzw. Leiterinnen einiger Organisationen, die in der Migrationsarbeit tätig sind, an Landrat Wiswe gewandt, um ihn aufzufordern, die Möglichkeit zu nutzen, Flüchtlingen die ihnen zustehenden Leistungen endlich nicht mehr in Gutscheinform zu gewähren, sondern Bargeld auszuzahlen. (Das Foto zeigt, dass z.B. mit Gutscheinen der Erwerb von Sprachlehrbüchern nicht möglich ist.)
Hier der von Helga Habekost initiierte Brief:
Sehr geehrter Herr Landrat Wiswe,
mit Schreiben vom 27.02.2013 hat das Niedersächsische Ministerium für Inneres und Sport seine bisher vertretene Rechtsauffassung zur Gewährung von Grundleistungen gem. § 3 Abs. 2 AsylbwLG aufgegeben. Es überlässt den Leistungsbehörden jetzt, "ob die Leistungen zur Deckung des physischen Existenzminimums in Form von Wertgutscheinen [...] oder von Geldleistungen gewährt werden."
Wir möchten Sie dringend bitten, diese Möglichkeit zu nutzen und für die Städte und Gemeinden im Landkreis Celle die Umstellung auf Gewährung von Geldleistungen zu verfügen oder ihnen dies ebenfalls freizustellen.
Wie Sie wissen, haben einige der Unterzeichnerinnen und Unterzeichner sich schon in der Vergangenheit für die Abschaffung der Gutscheinpraxis ausgesprochen.
Denn mit Gutscheinen ist es den Asylsuchenden z.B. unmöglich, Medikamente in Apotheken, Busfahrscheine in Bussen, Briefmarken oder ein Eis in der Eisdiele zu kaufen. - Da die Geschäfte nicht verpflichtet sind, Gutscheine entgegenzunehmen, sind die Einkaufsmöglichkeiten eingeschränkt, Garantieleistungen kaum möglich (da häufig keine Quittung erhältlich) und auch die Wechselgeld-Rückgabe macht Probleme.
Die Ausgabe von Gutscheinen wird von Flüchtlingsinitiativen als Demütigung und Stigmatisierung der Betroffenen kritisiert.
Für die Kommunen ist das Gutschein-Verfahren durch den bürokratischen Aufwand ...
...insgesamt ja sogar teurer als die Auszahlung von Bargeldleistungen und verfehlt den Gedanken der sparsamen und wirtschaftlichen Haushaltsführung. Auch für die einlösenden Geschäfte stellt die Abwicklung einen erheblichen Mehraufwand dar.
Unterdessen gehen in Niedersachsen immer mehr Gemeinden den Weg der Bargeldleistungen nach AsylbLG. Wir würden uns freuen, wenn Sie möglichst rasch die Abschaffung der Gutscheinpraxis auch im Landkreis Celle in die Wege leiten würden.
Mit freundlichen Grüßen
Helga Habekost
MIT - UNTERZEICHNER:
SPD-Fraktion, Celle: Jürgen Rentsch
WG-Fraktion, Celle: Torsten Schoeps
Die LINKE.BSG-Fraktion, Celle: Oliver Müller und Behiye Uca
AWO, Celle: Manfred May
DGB, Celle: Paul Stern
Caritas, Celle: Mechthild Schulze
Arbeitskreis Ausländer, Celle: Horst-Peter Ludwigs
Forum gegen Gewalt: Matthias Richter-Steinke
VHS, Celle / Projekt Arbeitsmarkt-Zugang für Bleibeberechtigte und Flüchtlinge: AZF II Liliane Steinke / Evelyn Rzymelka
Marlies Petersen, Eschede - Susanne Seitz, Celle - Georgia Langhans, Celle - Bernd Zobel
Die Cellesche Zeitung berichtete am 20.04.2013