Hintergrund zum Thema "Sozialberichterstattung"

Nachdem die Cellesche Zeitung am 14.02.2013 über die explorative Studie "Sozialberichterstattung und soziale Kommunalpolitik - Kinder und Familien in Stadt und Landkreis Celle" von Dr. Henning Schridde berichtete, stellte die Fraktion Die Linke/BSG den Antrag, den Sozialwissenschaftler in den Sozialausschuss einzuladen. Ein Anliegen, das von SPD und Bündnis '90/Die Grünen in der Folge öffentlich unterstützt wurde.

Auf diesen Antrag reagierte Peter Binz, Fachbereichsleiter Soziales, Bildung und Jugend gegenüber der CZ vom 23.02.2013 wie folgt: "Seit 2008 erstellen wir alle zwei Jahre einen solchen Report für die Stadt. Dort stehen die Zahlen, über die jetzt so große Überraschung herrscht, drin." Und Sozialdezernent Stefan Kassel ebendort: "Die Zahlen sind nicht neu. Sie müssten auch dem Celler Rat bekannt sein."

Angesichts dieser durchaus ungewöhnlich scharfen Kritik am Rat stellte die Fraktion Die Linke/BSG in einer Anfrage fest: "Uns ist durchaus bekannt, dass die Stadt Celle seit etwa 2008 an der "Integrierten Berichterstattung Niedersachsen" (IBN) teilnimmt und am 28.2.2008 im Jugendhilfeausschuss "Erläuterung und Interpretation aus Sicht des Fachbereiches" geliefert hat. Hinsichtlich des Problems der Kinderarmut, die

in der Studie Schriddes besonders hervorgehoben wird, äußerte sich die Verwaltung seinerzeit allerdings so: "Eine von der Bertelsmann-Stiftung (ohne Datum) ermittelte Kennzahl zur Kinderarmut, (eine Kennzahl, die von IBN nicht erhoben worden ist), weist für Celle einen Wert von 15,2 % gegenüber Landkreis Celle 9,6% und Niedersachsen 8,2% aus. Diese Kennzahl unterstreicht die Hinweise auf durchgängig hohe soziale Belastungsfaktoren in der Stadt Celle in allen Bereichen der Sozialstruktur."

 

Zur Versachlichung der Diskussion stellte die Fraktion Die Linke/BSG dann folgende Fragen:

1.) Wann und wo hat die Verwaltung seit 2008 in Ausschüssen über die IBN berichtet und ist dabei über Sozialstrukturdaten referiert worden?

2.) Wann und wo ist jeweils der Jugendhilfereport vorgestellt worden? Ist dabei explizit auf Sozialstrukturdaten eingegangen worden?

3.) In welchen Ausschusssitzungen ist in den vergangenen fünf Jahren ausführlich über Sozialstrukturdaten berichtet worden?

4.) Finden sich im Ratsinformationssystem "allris" Informationen über die entsprechenden Sozialstrukturdaten? Wenn ja - wo?

 

Im Sozialausschuss vom 07.05.2013 beantwortet die Verwaltung die Fragen - siehe hier.

Was ist das Ergebnis aus unserer Sicht?

1.) Dem Rat in seiner aktuellen Zusammensetzung müssen die Sozialstrukturdaten des IBN nicht bekannt sein, denn seit seiner Konstituierung am 03.11.2011 waren diese kein einziges Mal Thema.

2.) Seit der Vorstellung der IBM-Daten im Jahr 2008 ist die Entwicklung der Daten in keinem einzigen Fachausschuss behandelt worden. Die Daten stehen auch nicht im Ratsinformationssystem allris zur Verfügung.

3.) Die Verwaltung unterstellt diesmal nicht dem Rat, sondern der Fraktion Die Linke/BSG eine fehlende inhaltliche Auseinandersetzung mit dem Thema. Hierzu ist zu sagen, dass die Vorgängerfraktion bereits im Jahr 2007 die Erstellung eines Armutsberichts beantragt hatte - was die Verwaltung ablehnte. Im übrigen ist selbstverständlich der Antrag, Dr. Henning Schridde einzuladen, getragen von der Absicht einer inhaltlichen Auseinandersetzung.

4.) Der These, dass die Stadt Celle die "Ursachen der Armut" nicht bekämpfen könne, "weder rechtlich noch wirtschaftlich", widerspricht im Grundsätzlichen die Studie von Schridde, der kommunale Strategien einfordert - unabhängig von Zuständigkeiten der Rechtskreise. Im Übrigen: Wenn eine Stadt - egal ob kreisangehörig oder nicht sich dem Problem der Ursachen der Armut politisch nicht mehr stellen will, wäre das eine bemerkenswerte Kapitulation.

5.) Völlig unklar bleibt im Übrigen, wie sich die Verwaltung jetzt zu dem Vorschlag stellt, Dr. Henning Schridde einzuladen. Der Rat hätte dies nach inzwischen drei Monaten vielleicht doch gern erfahren und auch, ob der Sozialwissenschaftler überhaupt für eine solches Referat und Diskussion nach Celle kommen würde.

 

Die CZ berichtete am 10.05.2013 unter der Überschrift