War / What is it good for / Absolutely nothing
Wir finden ja, dass Celle eine halbwegs schöne Stadt ist. Wäre dem nicht so, wären wir längst weg. Wir können deshalb auch verstehen, dass viele Menschen mal für ein, zwei Tage zum Fassadengucken vorbeischauen. Gäste halt, deren Interesse wir nachvollziehen können. Manchmal gibt's aber auch Gäste, die wir nicht so gern hier haben. Und dies vor allem, weil wir den Zweck ihre Aufenthalts in den Mauern unserer Stadt nun überhaupt nicht teilen. Der "CELLER TRIALOG" gehört dazu.
Wir waren ja eigentlich guter Hoffnung, dass dieses Treffen von "Sicherheits"-Politikern, Militärstrategen und Rüstungsindustrie vor vier Jahren ihr unrühmliches Ende gefunden hätte. In gewisser Weise ist es ja auch so, denn von den ursprünglichen Veranstaltern - nämlich Commerzbank, Bundeswehr und Landesregierung - ist niemand mehr dabei. Überflüssigerweise musste jetzt der CDU-Bundestagsabgeordnete Henning Otte in die Bresche springen und gemeinsam mit der Deutschen Gesellschaft für Wehrtechnik e.V. und ihrer Studiengesellschaft eine Wiederauflage des "CELLER TRIALOG" ins Leben rufen.
Wir hoffen - ehrlich gesagt - darauf, dass keine Traditionsveranstaltung daraus wird. Bis heute findet sich der Name ...
... unserer Stadt überregional am häufigsten im Zusammenhang mit dem Wort "LOCH", womit bekanntlich nicht der Wohnwert gemeint ist, sondern eine üble Verfassungsschutzaktion am Celler Knast. Würde dies jetzt abgelöst durch "TRIALOG", wäre dies noch eine Drehung übler.
Warum? Bob Dylan hat einen wichtigen Song über die Motive jener Herren geschrieben, wie sie sich jetzt in Celle treffen. Er nannte sie "Masters of War". Hört und liest man nur die erste Strophe, weiß man in etwa, was mit dem Begriff "militärisch-industrieller Komplex" gemeint ist:
Come you masters of war
You that build the big guns
You that build the death planes
You that build all the bombs
You that hide behind walls
You that hide behind desks
I just want you to know
I can see through your masks.
Hohe Gäste werden sprechen: Dr. Thomas de Maizière (Bundesminister der Verteidigung), Armin Papperger (Vorstandsvorsitzender Rheinmetall AG), General Volker Wieker (Generalinspekteur der Bundeswehr) - wie der Rest der Redner auch: Männer. Erstaunlicherweise finden sich auf dem Veranstaltungsflyer keinerlei Themen, über die die Herren Reden hören und diskutieren. Aber worüber schon? Siehe Bob Dylan.
Dass eine solche Veranstaltung nur für geladene Gäste ist, versteht sich dabei von selbst. Vor vier Jahren durfte sich der Protest dagegen nicht einmal draußen vor der Tür Luft verschaffen darf, die gesamte Altstadt war zur demonstrationsfreien Zone erklärt worden. Das immerhin soll dieses Jahr nicht so sein. Deshalb wünschen wir all jenen, die den "Masters of War" die ROTE KARTE zeigen wollen, gutes Gelingen.
Noch ein Wort zu zwei der wichtigen Sponsoren der Konferenz:
Die Bundesregierung hat 2011 die Genehmigung für den Export von 270 Leopard-2 A7+-Panzern nach Saudi-Arabien erteilt. Die Firmen Krauss-Maffei Wegmann und Rheinmetall sind die Profiteure dieses mörderischen Geschäfts. Rheinmetall rühmt sich: "Der Leopard 2 ist der leistungsfähigste Kampfpanzer der Welt und zugleich das Waffensystem mit der größten internationalen Verbreitung".
In Saudi-Arabien werden Menschenrechte mit Füßen getreten. Oppositionelle Kräfte werden unterdrückt. 2011 hat Saudi-Arabien mit Panzern geholfen, die Demokratiebewegung im Nachbarland Bahrain zu zerschlagen. Der Leopard 2 A7+-Panzer ist speziell ausgerüstet für den Einsatz gegen Aufständische in städtischen Gebieten. Er eignet sich damit zur inneren Repression. Zugleich soll er evtl. in einem Krieg gegen Iran zum Einsatz kommen.
Der Panzer-Export ist also durch nichts zu rechtfertigen. Er dient nur den Geschäftsinteressen deutscher Waffenschmieden und deutscher geopolitischer Interessenabsicherung. Und so dürfte es nicht die pure Großherzigkeit sein, die Rheinmetall und Kraus-Maffei zu Sponsoren des "CELLER TRIALOG" macht, sondern reinster Lobbyismus - in dessen Fängen (oder besser Reihen) sich "unser" Wahlkreisabgeordnete Henning Otte anscheinend sehr wohl fühlt.
Kurzum - Wir sagen nicht: Auf Wiedersehen, sondern wir grüßen - ganz im Sinne von Dylans letzter Strophe - mit einem TSCHÜSS - AUF NIMMERWIEDERSEHEN!
Und im Übrigen wusste schon Edwin Starr: War / What is it good for / Absolutely nothing