Rede von Oliver Müller (BSG) zum Nachtragshaushalt:

Ceterum censeo ...

Was ist das eigentlich Überraschende an diesem Nachtragshaushalt? Das Überraschende ist, dass wir einen Haushaltsüberschuss hätten, wären nicht die Gewerbesteuereinnahmen so dramatisch zurückgegangen. Und wenn ich das richtig sehe, hätten wir sogar dann noch einen ausgeglichenen Haushalt, wenn wir jetzt nur das Minus bei der Gewerbesteuer aus diesem Jahr und nicht noch das aus den Vorjahren zu bewältigen hätten.

Das heißt: Der Dreh- und Angelpunkt der aktuellen Misere liegt beim Gewerbesteuereinbruch.

Die Situation in Celle ist bundesweit einigermaßen einmalig. Googlen Sie mal "Gewerbesteuereinbruch" oder ähnliche Begriffe. Sie werden kaum Parallelen finden. Der Rat – ich sage das hier mal ausdrücklich für die Öffentlichkeit: – der Rat muss sich mit sehr allgemein gehaltenen Begründungen seitens der Verwaltung begnügen. Verwiesen wird auf das Steuergeheimnis - - - das wird hier zu einem Verständnis-Hemmnis. Warum? Wir müssen glücklicherweise nicht davon ausgehen, dass Celle sich in einer Wirtschaftskrise befindet. Der Gewerbesteuereinbruch hat andere Hintergründe. Nur dazu erfahren wir nichts Handfestes.

Wenn ich mir die Antwort der Verwaltung zu Punkt 5 des Katalogs der Wählergemeinschaft anschaue, stellt sich mir folgende Frage: Sind die Gewerbesteuerausfälle eigentlich endgültiger Art? Oder könnte es auch sein, dass nach dem Abschluss von Betriebsprüfungen bei Großunternehmen, auf die hier eingegangen wird, sich am Ende eine Korrektur zugunsten der Stadt ergeben kann?

Ich möchte Frau Dr. Schmitt bitten, vielleicht heute noch auf diese Frage zu antworten: Sind die Ausfälle als endgültig zu bewerten?

Es wird Ihnen ähnlich gehen wir uns. Wir haben uns mit Steuerberaterinnen und Steuerberatern über den Gewerbsteuereinbruch unterhalten. Wir stoßen da nur auf Verwunderung. Warum ist das so?

Wenn mein Steuerberater in der Mitte des Jahres feststellt, ...

dass der diesjährige Gewinn deutlich unter dem des Vorjahres ausfallen könnte, dann schickt er an das Celler Finanzamt einen Antrag auf Anpassung der Gewerbesteuervorauszahlungen. Für das Finanzamt ein ganz alltäglicher Vorgang. Aber ich gestehe ein, dass ich ja nur Mitinhaber einer kleinen, wirtschaftlich eher unbedeutenden GbR bin, der nicht unnötig Geld zinsfrei an die Steuergläubiger verleiht. Das mag in großen Konzernen wohl anders aussehen.

Da der Gewerbesteuereinbruch offensichtlich nicht konjunktureller Art ist, müssen wir uns in den nächsten Jahren mit deutlichen Mindereinnahmen abfinden.

Die Verwaltung hat für die Haushaltsjahre 2014 – 2016 unterm Strich aller Einnahmen und Ausgaben jeweils ein Minus von rund 10 Millionen angesetzt. Wenn wir diese Zahlen ernst nehmen, heißt das aus meiner Sicht vor allem: Es müssen einige Projekte beerdigt werden.

Und ehe mich Bernd Zobel wieder auf den Unterschied von Ergebnis- und Finanzhaushalt aufmerksam machen will. Die Verwaltung hat im Ergebnishaushalt für 2015 1,6 Millionen mehr an Zinsen angesetzt und für 2016 sogar 2,4 Millionen. Wenn man diese Tendenz brechen will, geht es nicht anders, als sich von Großprojekten zu verabschieden.

Und da muss man dann sortieren, was wichtig und unumgänglich ist – und auf was man vielleicht auch verzichten kann. Und dabei kann sich niemand auf die KGSt verlassen, denn das zu bewerten ist nicht deren Job.

Ich komme zum Schluss – und zwar mit dem älteren Cato:

Ceterum censeo limitem borealis non esse delendam.*

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

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Die Daten zum Nachtragshaushalt gibt es hier im Ratsinformationssystem der Stadt. Die Fraktion Die Linke/BSG hat den Nachtragshaushalt selbstverständlich abgelehnt, weil er im Prinzip die Fortschreibung des regulären Haushalts ist, dem die Fraktion die Zustimmung verweigerte.

* Im übrigen bin ich der Auffassung, dass der Nordwall nicht zerstört werden soll.