Die Gewerkschaft ver.di hat vor der Ratssitzung am 17. Juli 2014 ein Flugblatt verteilt, in dem sie sich deutlich gegen die Linie ausspricht, die CDU/SPD/GRÜNE/FDP/WG in ihrem "Gemeinsamen Antrag 22/2014" vorgeben. Dort heißt es als Vorgabe, "dass auch künftig die Verwaltung die von ihr wahrgenommenen Aufgaben auf Notwendigkeit, Wirtschaftlichkeit und Effizienz prüfen und, sofern zweckmäßig, dem Rat Vorschläge zur Einschränkung von Aufgaben und /oder zur Übernahme der Aufgaben durch Andere/Dritte vorlegen wird". Und weiter: "Die Überlegungen zu möglichen Ausgliederungen von Teilbetrieben unter Anwendung von § 613a BGB werden unter dem Gesichtspunkt der Wirtschaftlichkeitsprüfung, der steuerlichen Belastungen sowie im Sinne des Konzerngedankens „Stadt Celle“ maßgeblich weiter entwickelt. Im Anschluss an den von der KGSt begleiteten Konsolidierungsprozess wird die Verwaltung die noch nicht abgearbeiteten Prüfaufträge im Rahmen eines intensiven Controllings und Berichtswesens mit der Politik laufend weiter rückkoppeln und halbjährig über den Stand relevanter Ergebnisverbesserungsmaßnahmen und deren Effekte berichten." Das Zauberwort "AöR" ist in diesem Zusammenhang nicht erwähnt, das es darum geht, zeigt die Gewerkschaft ver.di anschaulich auf:

Ausgliederung? Verdi sagt Nein

Im letzten Jahr hat die KGSt (Kommunale Gemeinschaftsstelle für Verwaltungsmanagement) im Auftrag der Stadt Celle eine Befragung der Fachdienste durchgeführt. Ziel war es, die angeblich vorhandenen Einsparpotenziale in der Stadt benannt zu bekommen, um anschließend Umsetzungsvorschläge zu entwickeln. Herausgekommen ist, dass die KGSt unter anderem vorschlägt, in den Bereichen der betrieblichen Dienste Spar- und Auslagerungsmöglichkeiten zu prüfen.

Wohin geht der Zug?

Zurzeit werden verschiedene Varianten einer Betriebsausgliederung geprüft. Klar ist aber: es wird vorrangig die betrieblichen Dienste treffen. Aus Arbeitgebersicht liegt dies nahe, ... handelt es sich doch nicht um unmittelbar hoheitliche Aufgaben, wie etwa Verwaltungsaufgaben. Auch wird gerne gesagt, dass eine bessere Effizienz und Wirtschaftlichkeit die Folge wären, ohne dafür Belege zu bieten. Ausgliederungen scheinen die richtige Antwort zu liefern: angeblich wird eine schlanke Verwaltung geschaffen und der Stadthaushalt wird auch entlastet, taucht die Bilanz des Eigenbetriebs doch nicht mehr in den Büchern der Stadt auf.

Die Lösung: die Anstalt öffentlichen Rechts

Nach ersten Informationen gibt es Planungen, eine Anstalt öffentlichen Rechts (AöR) zu gründen. Was ist das? Es handelt sich um eine öffentliche Institution, die für die Durchführung bestimmter Aufgaben gegründet wird. Den Beschäftigten wird diese Ausgliederung meist damit schmackhaft gemacht, dass sich für sie nichts ändere. Auf den ersten Blick mag das stimmen. Das Beschäftigungsverhältnis bleibt öffentlich, der TVöD kommt zur Anwendung und auch eine Personalvertretung muss nach geltendem Recht gewählt werden. Also eigentlich kein Grund zum Meckern?

Die Kehrseite der AöR

Wenn alles gleich bleibt, warum sollte sich der Dienstherr dann die Mühe einer Änderung machen, die ja auch mit Kosten verbunden ist? Fazit: es bleibt eben doch nicht alles beim Alten. Folgende Konsequenzen ergeben sich bei einer Ausgründung:

Ein Eigenbetrieb bekommt eine Geschäftsführung, die auch eigenständig im Rahmen des öffentlichen Haushaltsrechts wirtschaften muss. Die Verantwortung der Politik, ggf. Defizite zu tragen, oder aber falsche Entscheidungen zu korrigieren, wird massiv abgeschwächt.

Ein Eigenbetrieb kann die Vorstufe zur Privatisierung sein. Ist ein Eigenbetrieb erst einmal ausgegliedert, scheint die Kosten/Nutzenberechnung einfacher zu sein und der Preisdruck durch Privatbetriebe wird noch offensichtlicher. Sollte die Stadt dann noch für andere Bereiche Geld benötigen, liegt es nahe, den wertvollen Bestand an Gebäuden, Fahrzeugen, Maschinen, Arbeitskräften und Know-How an einen Privatinvestor zu verkaufen: Der langfristig von den Bewohnern der Gemeinde geschaffene Reichtum wird zum kurzfristigen Stopfen von Haushaltslöchern versilbert! Letztendlich muss der Bürger die Dienstleistung doppelt bezahlen. Zum einen wurden öffentliche Mittel zum Aufbau der Betriebe der Stadt Celle aufgewandt und zum anderen muss der Bürger jetzt für die selbst geschaffenen Vermögenswerte und die damit verbundene Dienstleistung an den Privatanbieter Gebühren zahlen. Und dieser macht dies nicht, wie die Stadt Celle zum Selbstkostenpreis, sondern mit Gewinnaufschlag und Mehrwertsteuer. Hier wird der Bürger dann auch wieder mit entsprechend höheren Gebühren zur Kasse gebeten.

Das Beispiel der CTM (Celle Tourismus und Marketing GmbH) zeigt, wie die Stadt Celle ihre Tochterunternehmen ausbluten lässt und damit den Leistungsstandard für die Bürger senkt. Denn die CTM finanziert sich aus Veranstaltungseinnahmen und einem Zuschuss der Stadt Celle. Und gerade dieser Zuschuss wird im Rahmen der Haushaltssanierung (lfd. Nr. 19) 2016 um 30.000,- € und 2017 um 60.000,- € gekürzt. Als Folge hiervon muss die CTM beim Personal oder den Veranstaltungen sparen. Solch eine Zukunft ist dann auch für die betrieblichen Dienste zu erwarten. Über die Verringerung der Zuschüsse können die Betriebe dann nicht mehr ihre Aufgaben erfüllen und am Ende steht hier die Privatisierung der betrieblichen öffentlichen Dienstleistung!

Ursache der angestrebten Einsparungen ist die Finanzklemme der Kommunen. Zunehmend werden den Gemeinden vom Bund weitere Aufgaben aufgebürdet, wie zum Beispiel die Versorgung mit Kita-Plätzen. Diese gesellschaftlichen Aufgaben sind erforderlich, müssen aber finanziert werden. Verdi fordert deswegen eine bessere Finanzausstattung der Gemeinden, damit die Dienstleistungen nicht zu Billigkonditionen erbracht werden! Auch die Lokalpolitik sollte sich hier für die Interessen der Bürger und der Beschäftigten einsetzen!

Untersuchungen und Befragungen durch verdi und die Hans-Böckler-Stiftung haben immer wieder klar zutage gebracht: Ausgliederungen und private Anbieter sind nicht billiger als der öffentliche Dienst! Die Trägerschaft der öffentlichen Hand steht für qualitativ gute Dienstleistungen für die Öffentlichkeit. Dafür sind sachgemäße Investitionen und beteiligungsorientierte Führungskonzepte erforderlich. Nur so können öffentliche Dienste zeigen, was in ihnen steckt und die Identifikation der Gemeinde mit ihren Dienstleistungen auch in Zukunft sichern. Deshalb lehnt verdi Ausgliederungen entschieden ab und setzt stattdessen auf zeitgemäße Investitionen und mitarbeiterorientierte Beteiligungskonzepte zur Sicherstellung guter Dienstleistungen für die Städte und Gemeinden.

V.i.S.d.P.: Lars Stubbe, Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft, Katzenstraße 3, 21335 Lüneburg, Fachbereich Gemeinden, Bezirk Lüneburger Heide