Stadtbaurat Kinder:
Der Landkreis ist als Aufgabenträger des ÖPNV in der Pflicht
Eine andere Sicht als Landrat Wiswe hat jetzt Stadtbaurat Kinder gegenüber den Ratsmitgliedern kundgetan. Er ist der Auffassung, dass der Landkreis als Aufgabenträger des ÖPNV in der Pflicht sei, ein attraktives und umfassendes ÖPNV-Angebot anzubieten. Dazu gehören seiner Auffassung nach auch ergänzende Angebote zu den Linienverkehren. Der Landkreis sei zu keinem Zeitpunkt aktiv auf die Stadt Celle zugekommen, um auf zukünftige zu erwartende Änderungen und daraus resultierende finanzielle Belastungen durch die Finanzierung der AST – Verkehre hinzuweisen. Die Stadt Celle habe in allen Stellungnahmen zum Nahverkehrsplan und zu den Kriterien der ÖPNV – Ausschreibung auf die Bedeutung der AST hingewiesen. Und Kinder weist darauf hin, dass der Landkreis die akut erforderlichen finanziellen Mittel auch habe, weil die in seinem Haushalt eingeplanten Mittel für die Einbindung von Unterlüß und Eschede in den GVH erst im kommenden Jahr benötigt würden. Hier das Schreiben Kinders an die Ratsmitglieder:
"Sehr geehrte Damen und Herren,
das Schreiben von Landrat Wiswe wird von der Verwaltung ausführlich beantwortet werden. Vorab möchte ich folgende Punkte ansprechen:
· Der Landkreis ist als Aufgabenträger des ÖPNV in der Pflicht, ein attraktives und umfassendes ÖPNV-Angebot anzubieten. Dazu gehören auch ergänzende Angebote zu den Linienverkehren („Öffentlicher Personennahverkehr ist auch der Verkehr, insbesondere mit Taxen, Mietwagen oder Rufbussen, der Linienverkehr ersetzen, ergänzen oder verdichten soll“ - §2 Niedersächsisches Nahverkehrsgesetz (NNVG)
· Übernimmt der Landkreis diese Aufgabe, muss er sie auch angemessen erfüllen. Ein ÖPNV – Angebot in einer Kreisstadt und einem Oberzentrum mit 70.000 Einwohnern nur tagsüber bis 20h vorzusehen, erfüllt diese Pflicht nicht. Zur öffentlichen Daseinsvorsorge gehört auch die Möglichkeit, sich in der Stadt (und im Landkreis) auch ohne Kfz fortbewegen zu können. Für Arbeitnehmer im Schichtbetrieb oder im Einzelhandel muss auch nach 20 h die Möglichkeit gegeben sein, von der Arbeit nach Hause zu kommen. Wenn dieses aus Sicht des Aufgabenträgers z.B. aus finanziellen Erwägungen nicht mit einem Linienverkehr zu gewährleisten ist, sondern nur mit bedarfsgesteuerten Verkehren, dann muss dafür auch die Finanzierung übernommen werden.
· Die Stadt Celle musste auf Grund der positiven Bewertung der AST – Verkehre durch den Landkreis selber im Nahverkehrsplan und die eingeübte langjährige Verfahrensweise davon ausgehen, ...
dass dieses Angebot auch weiterhin existieren wird (die angesprochenen Ausgleichszahlungen der Stadt sind bereits 2012 ausgelaufen). Der Landkreis ist zu keinem Zeitpunkt aktiv auf die Stadt Celle zugekommen und hat auf zukünftige zu erwartende Änderungen und daraus resultierende finanzielle Belastungen durch die Finanzierung der AST – Verkehre hingewiesen. Die Stadt Celle hat in allen Stellungnahmen zum Nahverkehrsplan und zu den Kriterien der ÖPNV – Ausschreibung (die uns bis heute nicht vorliegen) auf die Bedeutung der AST – Verkehre für ein umfassenden ÖPNV – Angebot hingewiesen.
· Das ÖPNV-Angebot ist ein Standortfaktor. Die aktuelle Unternehmerumfrage der IHK Lüneburg-Wolfsburg hat hier deutliche Defizite in Stadt und Landkreis festgestellt. Sich als ÖPNV – Aufgabenträger keine Gedanken um die Abendverkehre zu machen, schwächt den Standort Celle und konterkariert die Bemühungen von Landkreis und Stadt Celle um neue Arbeitsplätze und neue Einwohner. Wenn, wie richtigerweise angemerkt wird, die AST – Verkehre eine sinnvolle Ergänzung zu den jetzt vergebenen Leistungen sind, dann sollte man vom zuständigen Aufgabenträger konstruktive Vorschläge für das weitere Vorgehen erwarten. Es sollte gemeinsam an einer Attraktivierung des ÖPNV auch nach 20 h und an einer Lösung gearbeitet werden. Allerdings wurden aktuell zwei von mir mit dem zuständigen Dezernenten des Landkreises verabredete Gespräche ohne Angabe von Gründen kurzfristig abgesagt.
· Die Stadt Celle sieht den Aufgabenträger in der Pflicht und hat dieses auch in einem Schreiben an die Landesnahverkehrsgesellschaft (LNVG) im Rahmen der Beteiligung zur Genehmigung der Linienbündel deutlich gemacht. Durch die Verschiebung des GVH – Tarifs stehen im Haushalt des Landkreises Mittel zur Verfügung. Nur mit der Hälfte der durch die Verschiebung in 2015 nicht benötigten GVH-Mittel könnte der AST-Verkehr in Celle 4 – 5 Jahre finanziert werden.
Im Sinne der Beibehaltung und Stärkung des Standortes Celle auch durch ein zeitgemäßes ÖPNV – Angebot bis in die Abendstunden hinein bitte ich um Kenntnisnahme und Unterstützung."