Celler Gewerkschafter im Visier des niedersächsischen Verfassungsschutzes
Über einen skandalösen Vorgang informierte jetzt die IGM Lüneburg Celle. Wir bringen das mal zur Kenntnis und bemerken dazu nur: Verfassungsschutz abschaffen? Gute Idee.
Der niedersächsische Verfassungsschutz hat offensichtlich den Lüneburger Gewerkschafter und Sekretär der IG Metall Celle-Lüneburg, Lennard Aldag, über mehrere Jahre hinweg beobachtet und in seinen Dateien geführt. Dies geht aus einem Schreiben des niedersächsischen Innenministeriums vom 1. Juni 2015 an Aldag hervor. Hintergrund des Schreibens ist ein Auskunftsersuchen, das der Gewerkschaftssekretär bereits am 15. September 2014 an den niedersächsischen Verfassungsschutz gestellt hatte. Die Überwachung betrifft mindestens den Zeitraum von Juli 2011 bis September 2013. Lennard Aldag war in besagtem Zeitraum Regionsgeschäftsführer der DGB Region Nord-Ost-Niedersachsen (bis Juli 2012) und danach Gewerkschaftssekretär der IG Metall Celle-Lüneburg und hat sich in dieser Zeit in den Bündnissen ‚Gegen Rechts‘ und im Widerstand gegen die Castor Transporte engagiert.
In dem Schreiben werden diverse Teilnahmen an Veranstaltungen und Kundgebungen ‚Gegen Rechts‘ und zum Thema Castor Transporte aufgeführt. Aldag ist dort im Auftrag des DGB oder der IG Metall aufgetreten, zum Teil auch als Versammlungsleiter. Zudem wird mitgeteilt, dass eine Löschung der Daten veranlasst wird, da sie „zur Aufgabenerfüllung nicht mehr erforderlich“ seien. Ebenfalls beinhaltet das Schreiben die Information, dass weitere
Daten über Aldag gespeichert worden sind. Die Auskunft hierüber wird aber verweigert.
Lennard Aldag erklärt hierzu: „Der DGB und seine Gewerkschaften haben die historische Verantwortung, ...
sich gegen Rassismus und die extreme Rechte zu engagieren. Das sind wir den Gewerkschaftern und allen anderen schuldig, die in der Zeit von 1933 bis 1945 in den Konzentrationslagern der Nazis ermordet wurden. Dieses Engagement wird auch von politischer Seite von der Zivilgesellschaft immer wieder eingefordert. Gleiches gilt übrigens auch für den gewerkschaftlichen Kampf für gute Arbeits- und Lebensbedingungen. Und dazu gehört eben auch eine intakte Umwelt. Es ist daher geradezu absurd, dieses Engagement eines Gewerkschafters zu kriminalisieren und in die Nähe der Verfassungsfeindlichkeit zu rücken.“
Matthias Richter-Steinke, Regionsgeschäftsführer des DGB in Nord-Ost Niedersachsen ist ebenfalls empört: „Es ist ein Skandal, dass der Verfassungsschutz unser Engagement für eine solidarische Gesellschaft offensichtlich als undemokratisch erachtet. Hier ist eine rote Linie um Meilen überschritten worden. Das werden wir nicht akzeptieren. Lennard Aldag hat unsere volle Unterstützung.“
Und Rainer Näbsch, 1. Bevollmächtigter der IG Metall Celle-Lüneburg erklärt: „Die IG Metall Celle-Lüneburg ist empört über die Überwachung ihres Sekretärs. Wir erwarten vollständige Aufklärung über die Vorgänge. In welchem Staat leben wir eigentlich, in dem die Gewerkschaften zu Überwachungsobjekten der Behörden werden. Das kennen wir eigentlich nur aus diktatorischen Regimen. Lennard Aldag hat für die juristische Auseinandersetzung umfänglichen Rechtsschutz des IG Metall Vorstandes erhalten.“
Aldag erwartet jetzt umfängliche Aufklärung der Behörden. Zu diesem Zweck sind durch Göttinger Rechtsanwalt Sven Adam diverse Klagen bei den Verwaltungsgerichten und Auskunftsersuchen bei Behörden eingereicht worden. Zudem sei das Ganze ein politischer Skandal: „Was sagt dieser Vorgang eigentlich über das Demokratieverständnis des damaligen Innenministers Schünemann aus? Offensichtlich scheint jeder der sich zivilgesellschaftlich engagierte suspekt zu sein. Und alle, die sich nicht zu hundert Prozent mit der politischen Meinung eines Herrn Schünemann identifizierten, wurden anscheinend als Extremisten eingestuft. Das ist nicht nur armselig, sondern demokratiegefährdend“, so Aldag.